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Differenzierbarkeit: Frage
Status: (Frage) beantwortet Status 
Datum: 11:32 Fr 25.02.2005
Autor: Pollux

Hi,
es geht um einen Satz aus der Vorlesung und ein dazu gehöriges Beispiel:
Satz:
Sei a < b, f:[a,b]-> [mm] \IR [/mm] stetig und in ]a,b] diffbar. Es existiere ferner  [mm] \limes_{x\rightarrow a+0} [/mm] f´(x) aus [mm] \IR. [/mm] Dann ist f auch in a diffbar, und es gilt:

f'(a) = [mm] \limes_{x\rightarrow a+0} [/mm] f´(x)

Der Satz ist im Prinzip klar. Wenn man x gegen a "laufen lässt", dann  geht f´(x) gegen f´(a) unter den obigen Voraussetzungen.

Nun das Beispiel hierzu:

f: [mm] \IR [/mm] -> [mm] \IR [/mm]

[mm] f(x)=\begin{cases} e^{x}, & \mbox{für } {x<0} \\ {x+1}, & \mbox{für } x>=0 \end{cases} [/mm]

f ist im Nullpunkt stetig. Zudem ist f im Nullpunkt linksseitig und rechtsseitig diffbar, und beide einseitigen Ableitungen sind gleich eins. Folglich ist f im Nullpunkt diffbar mit der Ableitung eins.
Soviel zum Beispiel...

Und hier tauchen jetzt die Fragen auf:

Das Problem ist die Differenzierbarkeit:
1. Frage:
Nach Definition ist eine Funktion diffbar, wenn der Grenzwert des Differenzenquotienten existiert, hierfür zeigt man einfach, dass der rechts- und linksseitige Grenzwert des Dfferenzenquotienten übereinstimmen.

Wieso braucht man zusätzlich noch die Stetigkeit?

2.Frage:
Würde man den Satz Schritt für Schritt anwenden, dann zeigt, man zunächst die Stetigkeit, wie im Beispiel auch. Dann muss man aber nach dem Satz die Existenz von [mm] \limes_{x\rightarrow a+0} [/mm] f´(x) und [mm] \limes_{x\rightarrow a-0} [/mm] f´(x) zeigen; diese Grenzwerte müssen dann übereinstimmen. Dann ist nach dem Satz f in a diffbar, etc.
HIER wird aber behauptet, dass die linksseitige und rechtsseitige ABLEITUNG übereinstimmen müssen. Das ist für mich nicht dasselbe, denn der Satz betrachtet die Ableitung beliebig nahe bei a und das Beispiel die links und rechtsseitige Ableitung in a , was f´(a) ist.
Hab ich da was falsch verstanden?

Für eine Erläuterung dieses Satzes und (im Bezug auf das Beispiel)
würde ich mich sehr freuen!

Danke schön!

Ich habe diese Frage in keinem Forum auf anderen Internetseiten gestellt.


        
Bezug
Differenzierbarkeit: Antwort
Status: (Antwort) fertig Status 
Datum: 11:49 Fr 25.02.2005
Autor: Hugo_Sanchez-Vicario

Hallo Pollux,

zu Frage 1:
Die Stetigkeit ist keine Zusatzbedingung für Differenzierbarkeit. Sie ist gewissermaßen eine Konsequenz.

Jede Funktion, die in [mm] x_0 [/mm] diff'bar ist, muss dort bereits stetig sein, sonst existiert bei mindestens einem der Differenzenquotienten der Grenzwert nicht mehr.

Weil Stetigkeit leichter nachzuweisen ist als Diff'barkeit, bietet es sich an, zuerst mal die Stetigkeit zu prüfen, weil man sich dann evtl. die Bestimmung der Grenzwerte bei den Differenzenquotienten sparen kann.


zu Frage 2:
Dein Satz ist auf das Beispiel nicht anwendbar, denn in deinem Satz ist von einer Funktion die Rede, bei der am Rand des Definitionsbereiches die Differenzierbarkeit untersucht wird. In deinem Beispiel untersuchst du die Differenzierbaerkeit nicht am Rand, sondern an einer künstlich erzeugten, kritischen Stelle im Inneren deines Definitionsbereiches.

Hugo

Bezug
                
Bezug
Differenzierbarkeit: Frage (beantwortet)
Status: (Frage) beantwortet Status 
Datum: 14:48 Fr 25.02.2005
Autor: Pollux

Hi,

@Hugo_Sanchez-Vicario:
Danke schön, für die schnelle Antwort:

Trotzdem ist mir noch nicht alles völlig klar:

1.) Im Beispiel wird behauptet, dass die linksseitige und rechtsseitige Ableitungen existieren und übereinstimmen müssen.
Damit ist aber schon der Grenzwert des Differenzenquotienten gemeint und NICHT [mm] \limes_{x\rightarrow a} [/mm] f´(x) ?!

2.) Wenn ich dich richtig verstanden habe, dient die Stetigkeit nur als Hilfe, um Nichtdiffbarkeit schon vor der aufwändigen Grenzwertbildung des Differenzenquotienten festzustellen!
Dann kann man sich logischerweise im Beispiel den Nachweis der Stetigkeit sparen, da zum Nachweis der Diffbarkeit nur die einseitigen Ableitungen, also die einseitigen Grenzwerte der  Differenzenquotienten, übereinstimmen müssen.

3.) In der Schule haben wir immer zuerst die Stetigkeit nachgewiesen (wobei die Funktion zusammengesetzt war) und dann gezeigt, dass  [mm] \limes_{x\rightarrow a+0}f'(x)=\limes_{x\rightarrow a-0}f'(x). [/mm] Dann war die Funktion diffbar!
Jetzt soll eine Funktion diffbar sein, wenn  [mm] \limes_{x \rightarrow\ a}\bruch{f(x) - f(a)}{x-a} [/mm] existiert. Was ist der Unterschied zwischen den beiden Definitionen?

4.) Es hat mich sehr gewundert, dass dieses Beispiel bei diesem Satz aufgeführt wurde. Man kann sich doch durchaus die "zusammengesetzte Funktion" f in die beiden Teilfunktionen aufgespalten denken und dann den Satz auf beide Teilfunktionen anwenden:

Dazu weißt man zuerst die Stetigkeit nach in 0.
E-Fuktion und die Gerade sind in ihrem Definitionbereich zunächst jeweils diffbar für x  [mm] \not= [/mm] 0. Die Grenzwerte bei 0 existieren ebenfalls:

- für die e-Funktion:
[mm] \limes_{x\rightarrow 0+0}(e^{x})'=1 [/mm]
Also ist f´(a) = 1 laut Satz
und
- für die Gerade:
[mm] \limes_{x\rightarrow 0-0}(x+1)'=1 [/mm]
Also ist f´(a) = 1 laut Satz

f´(a) stimmt  bei beiden Funktionen überein also ist f diffbar in a.

So würde für mich das Beispiel auch einen Sinn bei dem Satz machen. Denn nicht umsonst wurde es an diese Stelle plaziert!

mfg

Bezug
                        
Bezug
Differenzierbarkeit: Antwort
Status: (Antwort) fertig Status 
Datum: 17:05 Fr 25.02.2005
Autor: Julius

Hallo!

> 1.) Im Beispiel wird behauptet, dass die linksseitige und
> rechtsseitige Ableitungen existieren und übereinstimmen
> müssen.
> Damit ist aber schon der Grenzwert des
> Differenzenquotienten gemeint und NICHT
> [mm]\limes_{x\rightarrow a}[/mm] f´(x) ?!

Das ist richtig, und deswegen finde ich den Text auch seltsam, so wie er da steht, weil der Satz eben nicht angewendet wurde, sondern die Gültigkeit von "linksseitiger Grenzwert des Differenzenquotienten = rechtsseitiger Grenzwert des Differenzenquotienten" überprüft wurde.

> 2.) Wenn ich dich richtig verstanden habe, dient die
> Stetigkeit nur als Hilfe, um Nichtdiffbarkeit schon vor der
> aufwändigen Grenzwertbildung des Differenzenquotienten
> festzustellen!

[ok]

>  Dann kann man sich logischerweise im Beispiel den Nachweis
> der Stetigkeit sparen, da zum Nachweis der Diffbarkeit nur
> die einseitigen Ableitungen, also die einseitigen
> Grenzwerte der  Differenzenquotienten, übereinstimmen
> müssen.

Wenn man es gemäß der Überprüfung von  "linksseitiger Grenzwert des Differenzenquotienten = rechtsseitiger Grenzwert des Differenzenquotienten" meint, kann man sich die Stetigkeit sparen, ja. Wenn man es gemäß des Satzes macht, muss man die Stetigkeit erst zeigen.

> 3.) In der Schule haben wir immer zuerst die Stetigkeit
> nachgewiesen (wobei die Funktion zusammengesetzt war) und
> dann gezeigt, dass  [mm]\limes_{x\rightarrow a+0}f'(x)=\limes_{x\rightarrow a-0}f'(x).[/mm]
> Dann war die Funktion diffbar!
>  Jetzt soll eine Funktion diffbar sein, wenn  [mm]\limes_{x \rightarrow\ a}\bruch{f(x) - f(a)}{x-a}[/mm]
> existiert. Was ist der Unterschied zwischen den beiden
> Definitionen?

Nun ja, da ist doch ein himmelweiter Unterschied! Beim ersten Verfahren überprüft man erst die Stetigkeit und schaut dann, ob die Grenzwerte der Ableitungen übereinstimmen! Hier werden also erst die Grenzwerte der Differenzenquotienten um den Punkt herum gebildet und davon dann wiederum der Grenzwert. Beim zweiten überprüft man direkt die Gleichheit der Grenzwerte der Differenzenquotienten im fraglichen Punkt selbst! Überlege dir mal, dass man im ersten Fall die Stetigkeit auf jeden Fall zeigen muss! Beispiel: Stelle die zwei verschobene Geraden der gleichen Steigung vor.

Beispiel:

$f(x) = [mm] \left\{ \begin{array}{ccc} x & , & x<0,\\[5pt] x+1& , & x \ge 0.\end{array} \right.$ [/mm]

Dann existieren in beiden Fällen die Grenzwerte der Ableitungen, von links und rechts, sind sogar gleich, aber die Funktion ist gar nicht stetig (und damit auch nicht differenzierbar). Wenn man hier aber, wie im zweiten Fall, die Gleichheit des linksseitigen mit dem rechtsseitigen Grenzwert des Differenzenquotienten überprüft, sieht man sofort, dass keine Gleichheit besteht.

> 4.) Es hat mich sehr gewundert, dass dieses Beispiel bei
> diesem Satz aufgeführt wurde.

Mich auch, jedenfalls mit der Begründung, die dort aufgeführt wird.

> Man kann sich doch durchaus
> die "zusammengesetzte Funktion" f in die beiden
> Teilfunktionen aufgespalten denken und dann den Satz auf
> beide Teilfunktionen anwenden:
>  
> Dazu weißt man zuerst die Stetigkeit nach in 0.
>  E-Fuktion und die Gerade sind in ihrem Definitionbereich
> zunächst jeweils diffbar für x  [mm]\not=[/mm] 0. Die Grenzwerte bei
> 0 existieren ebenfalls:
>
> - für die e-Funktion:
>   [mm]\limes_{x\rightarrow 0+0}(e^{x})'=1 [/mm]
>  Also ist f´(a) = 1
> laut Satz
>  und
>  - für die Gerade:
>   [mm]\limes_{x\rightarrow 0-0}(x+1)'=1 [/mm]
>  Also ist f´(a) = 1
> laut Satz
>  
> f´(a) stimmt  bei beiden Funktionen überein also ist f
> diffbar in a.

[daumenhoch], auch wenn man es etwas sauberer formulieren könnte (du fasst hier $f'(a)$ einmal als rechts- und einmal als linksseitige Ableitung auf).

Genau so war es eigentlich gemeint und genau so macht das Beispiel hinter diesem Satz Sinn. :-)

Viele Grüße
Julius  


Bezug
                                
Bezug
Differenzierbarkeit: Mitteilung
Status: (Mitteilung) Reaktion unnötig Status 
Datum: 18:19 Fr 25.02.2005
Autor: Pollux

Vielen Dank Julius,
ich denke jetzt hab ich die Differenzierbarkeit endlich mal "durchdrungen".
thx

Bezug
        
Bezug
Differenzierbarkeit: weitere Antwort
Status: (Antwort) fertig Status 
Datum: 16:02 Fr 25.02.2005
Autor: Zwerglein

Hi, Pollux,

> f ist im Nullpunkt stetig. Zudem ist f im Nullpunkt
> linksseitig und rechtsseitig diffbar, und beide einseitigen
> Ableitungen sind gleich eins. Folglich ist f im Nullpunkt
> diffbar mit der Ableitung eins.

F ist "im Nullpunkt" weder stetig noch differenzierbar, weil der Graph gar nicht durch den Nullpunkt geht. Du meinst wahrscheinlich: f ist für x=0 stetig, ...
  

> Und hier tauchen jetzt die Fragen auf:
>  
> Das Problem ist die Differenzierbarkeit:
>  1. Frage:
>  Nach Definition ist eine Funktion diffbar, wenn der
> Grenzwert des Differenzenquotienten existiert, hierfür
> zeigt man einfach, dass der rechts- und linksseitige
> Grenzwert des Dfferenzenquotienten übereinstimmen.
>  
> Wieso braucht man zusätzlich noch die Stetigkeit?

Das ist es ja genau: Wenn Du beweist, dass die Grenzwerte des Differenzenquotienten übereinstimmen, also: [mm] \limes_{x\rightarrow 0\pm0} \bruch{f(x)-f(0)}{x-0} [/mm] einen einzigen, endlichen Wert ergibt, dann brauchst Du die Stetigkeit nicht vorher zu beweisen!
Der Satz besagt aber nun, dass es für eine stetige Funktion gar nicht nötig ist, immer mit dem (bei komplzierten Funktionen doch sehr unhandlichen) Grenzwert des Differenzenquotienten zu arbeiten, sondern dass es dann genügt, zu zeigen, dass der Grenzwert der Tangentensteigungen von rechts und links übereinstimmt; und das geht praktisch immer wesentlich einfacher!

  

> 2.Frage:
>  Würde man den Satz Schritt für Schritt anwenden, dann
> zeigt man zunächst die Stetigkeit, wie im Beispiel auch.
> Dann muss man aber nach dem Satz die Existenz von
> [mm]\limes_{x\rightarrow a+0}[/mm] f´(x) und [mm]\limes_{x\rightarrow a-0}[/mm]  f´(x) zeigen; diese Grenzwerte müssen dann übereinstimmen.
> Dann ist nach dem Satz f in a diffbar, etc.
>  HIER wird aber behauptet, dass die linksseitige und
> rechtsseitige ABLEITUNG übereinstimmen müssen. Das ist für
> mich nicht dasselbe, denn der Satz betrachtet die Ableitung
> beliebig nahe bei a und das Beispiel die links und
> rechtsseitige Ableitung in a , was f´(a) ist.

Auch in Deinem Satz wird mit dem Grentwert von f'(x) für x gegen a gearbeitet. Das sind nicht die Steigungen in der Nähe von a sondern deren Grenzwert; also letztlich die Tangentensteigung  für x=a, unter der Voraussetzung, dass es diese Tangente gibt. Und welche Voraussetzung für die Existenz dieser Tangente gelten müssen - das besagt eben der Satz. (Wobei ich mir - genau wie Hugo - nicht ganz im Klaren bin, warum Du diesen Satz verwendest, wo x=a Rand der Definitionsmenge ist und daher streng genommen nur halbseitige Differenzierbarkeit zu erwarten ist. Für mich wäre es sinnvoller, den analogen Satz zu verwenden, bei dem x=a im Inneren der Definitionsmenge liegt!)

mfG!
Zwerglein  

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