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(Frage) beantwortet | Datum: | 19:00 Mi 17.08.2016 | Autor: | kai1992 |
Aufgabe | Bestimmen Sie die Galoisgruppe Gal(f, [mm] \IQ) [/mm] des Polynoms [mm] f(x)=x^{4}-2. [/mm] |
Hallo zusammen,
ich arbeite gerade zur Prüfungsvorbereitung das Skript durch und habe gemerkt, dass mir das Bestimmen von Galoisgruppen im Allgemeinen noch größere Probleme bereitet. Daher würde ich gerne hier die Lösung aus dem Skript präsentieren und an geeigneten Stellen nachfragen.
Die Nullstellen von f sind [mm] \wurzel[4]{2}, -\wurzel[4]{2}, i*\wurzel[4]{2} [/mm] und [mm] -i*\wurzel[4]{2} [/mm] (das ist soweit klar).
Daher ist L:= [mm] \IQ(\wurzel[4]{2},i) [/mm] der Zerfällungskörper von f (auch das ist klar).
Es ist [mm] [L:\IQ]=8 [/mm] (auch das ist mir klar, mithilfe von Minimalpolynomen und des Gradsatzes).
(Jetzt fangen meine Probleme an.)
Sei [mm] \sigma \in Aut(L,\IQ). [/mm] Dann operiert [mm] Aut(L,\IQ) [/mm] nach einem Satz der VL transitiv auf [mm] X:=\{\wurzel[4]{2}, -\wurzel[4]{2}, i*\wurzel[4]{2}, -i*\wurzel[4]{2}\} [/mm] (auch das ist mir noch klar, da f irreduzibel und L Zerfällungskörper von f ist.)
Nach einem weiteren Satz der VL ist [mm] Aut(L,\IQ) [/mm] isomorph zu einer Untergruppe von [mm] S_{4} [/mm] (auch das ist klar aus der Gruppentheorie).
Wir haben jetzt in dem Beispiel [mm] \wurzel[4]{2} [/mm] mit der Zahl 1, [mm] -\wurzel[4]{2} [/mm] mit der Zahl 2, [mm] i*\wurzel[4]{2} [/mm] mit der Zahl 3 und [mm] -i*\wurzel[4]{2} [/mm] mit der Zahl 4 identifiziert.
Nun steht hier als nächstes: "Beachte: [mm] \wurzel[4]{2} \mapsto -\wurzel[4]{2} \Rightarrow i*\wurzel[4]{2} \mapsto \pm i*\wurzel[4]{2} [/mm] und [mm] -\wurzel[4]{2} \mapsto \wurzel[4]{2} [/mm] (warum gilt das denn? Könnte nicht auch z.B. [mm] i*\wurzel[4]{2} \mapsto -\wurzel[4]{2} [/mm] oder so etwas gelten?).
Mögliche Permutationen sind: (1,2)(3,4) oder (1,2). (Wenn obiges gilt, dann ok).
Komposition liefert (3,4) (auch das ist ok, weil die Automorphismengruppe eine Gruppe und als solche abgeschlossen ist).
Ebenso sieht man, dass die Permutationen (1,3)(2,4) bzw. (1,4)(2,3) ebenfalls von Automorphismen kommen (wie ist das gemeint und was soll es aussagen?).
(1,2)(1,4)(2,3) = (1,3,2,4) (klar, wir "multiplizieren" Zykel übrigens von links nach rechts) [mm] \Rightarrow [/mm] (1,4,2,3) ist auch ein Automorphismus (das Ganze verstehe ich gar nicht, was das soll, angefangen damit, warum man überhaupt (1,2)(1,4)(2,3) ausrechnen sollte? (1,4,2,3) ist dann invers zu (1,3,2,4) ok, aber was soll das alles?).
(1,2,3,4) kann nicht von einem Automorphismus kommen, da [mm] \wurzel[4]{2} \mapsto -\wurzel[4]{2} \mapsto i*\wurzel[4]{2}, [/mm] ein Widerspruch (warum Widerspruch und was soll das?).
Obige Rechnungen zeigen mit dem Fortsetzungssatz und dem Fortsetzungslemma, dass es 8 Automorphismen gibt. Daher ist [mm] Aut(L,\IQ) \cong D_{4}, [/mm] der Diedergruppe der Ordnung 8 (warum das denn auf einmal? warum z.B. nicht zu einer [mm] C_{4} [/mm] x [mm] C_{2} [/mm] o.ä.?).
Wie kann man denn grundsätzlich nach der Bestimmung des Grades der Körpererweiterung herangehen, um die Galoisgruppe zu bestimmen? Wir hatten eigentlich nur dieses Beispiel und das fand ich doch recht unverständlich.
Danke im Voraus und viele liebe Grüße
Kai
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(Antwort) fertig | Datum: | 09:38 Do 18.08.2016 | Autor: | hippias |
Zur bestimmung von Galois-Gruppen gibt es wohl kein allegemeines Verfahren. Oft lässt sich die Ordnung der Gruppe ermitteln und dann heisst es unter allen Gruppen dieser Ordnung diejenige zu finden, die zur Galois-Gruppe isomorph ist.
Dies versucht man z.B. indem man Elemente, Untergruppen oder sonstige Eigenschaften nachzuweisen, ähnlich wie in Deinem Beispiel. Eine Standardvorgehensweise gibt es vermutlich nicht - es zählt Übung.
> Bestimmen Sie die Galoisgruppe Gal(f, [mm]\IQ)[/mm] des Polynoms
> [mm]f(x)=x^{4}-2.[/mm]
> Hallo zusammen,
>
> ich arbeite gerade zur Prüfungsvorbereitung das Skript
> durch und habe gemerkt, dass mir das Bestimmen von
> Galoisgruppen im Allgemeinen noch größere Probleme
> bereitet. Daher würde ich gerne hier die Lösung aus dem
> Skript präsentieren und an geeigneten Stellen nachfragen.
>
> Die Nullstellen von f sind [mm]\wurzel[4]{2}, -\wurzel[4]{2}, i*\wurzel[4]{2}[/mm]
> und [mm]-i*\wurzel[4]{2}[/mm] (das ist soweit klar).
> Daher ist L:= [mm]\IQ(\wurzel[4]{2},i)[/mm] der Zerfällungskörper
> von f (auch das ist klar).
> Es ist [mm][L:\IQ]=8[/mm] (auch das ist mir klar, mithilfe von
> Minimalpolynomen und des Gradsatzes).
> (Jetzt fangen meine Probleme an.)
> Sei [mm]\sigma \in Aut(L,\IQ).[/mm] Dann operiert [mm]Aut(L,\IQ)[/mm] nach
> einem Satz der VL transitiv auf [mm]X:=\{\wurzel[4]{2}, -\wurzel[4]{2}, i*\wurzel[4]{2}, -i*\wurzel[4]{2}\}[/mm]
> (auch das ist mir noch klar, da f irreduzibel und L
> Zerfällungskörper von f ist.)
> Nach einem weiteren Satz der VL ist [mm]Aut(L,\IQ)[/mm] isomorph zu
> einer Untergruppe von [mm]S_{4}[/mm] (auch das ist klar aus der
> Gruppentheorie).
Bis hierher könnte man die Aufgabe so umformulieren: welche transitive Untergruppe von [mm] $S_{4}$ [/mm] der Ordnung $8$ ist isomorph zu der Galois-Gruppe?
> Wir haben jetzt in dem Beispiel [mm]\wurzel[4]{2}[/mm] mit der Zahl
> 1, [mm]-\wurzel[4]{2}[/mm] mit der Zahl 2, [mm]i*\wurzel[4]{2}[/mm] mit der
> Zahl 3 und [mm]-i*\wurzel[4]{2}[/mm] mit der Zahl 4 identifiziert.
> Nun steht hier als nächstes: "Beachte: [mm]\wurzel[4]{2} \mapsto -\wurzel[4]{2} \Rightarrow i*\wurzel[4]{2} \mapsto \pm i*\wurzel[4]{2}[/mm]
> und [mm]-\wurzel[4]{2} \mapsto \wurzel[4]{2}[/mm] (warum gilt das
> denn? Könnte nicht auch z.B. [mm]i*\wurzel[4]{2} \mapsto -\wurzel[4]{2}[/mm]
> oder so etwas gelten?).
Dein Einwand ist berechtigt: diese Beziehungen gelten nicht für alle Automorphismen, dies würde schon der Transitivität widersprechen. Vielleicht ist gemeint, dass es so einen Automorphismus gibt oder dies ist Teil eines Widerspruchsbeweises.
> Mögliche Permutationen sind: (1,2)(3,4) oder (1,2). (Wenn
> obiges gilt, dann ok).
> Komposition liefert (3,4) (auch das ist ok, weil die
> Automorphismengruppe eine Gruppe und als solche
> abgeschlossen ist).
> Ebenso sieht man, dass die Permutationen (1,3)(2,4) bzw.
> (1,4)(2,3) ebenfalls von Automorphismen kommen (wie ist das
> gemeint und was soll es aussagen?).
Dass diese Permutationen von Automorphismen induziert werden, wird sich mit dem Fortsetzungssatz zeigen lassen.
> (1,2)(1,4)(2,3) = (1,3,2,4) (klar, wir "multiplizieren"
> Zykel übrigens von links nach rechts) [mm]\Rightarrow[/mm]
> (1,4,2,3) ist auch ein Automorphismus (das Ganze verstehe
> ich gar nicht, was das soll, angefangen damit, warum man
> überhaupt (1,2)(1,4)(2,3) ausrechnen sollte? (1,4,2,3) ist
> dann invers zu (1,3,2,4) ok, aber was soll das alles?).
Was das soll? ist meist die falsche Frage, denn es liefert uns das Resultat: das soll es. Dein Professor versucht hier Elemente und Eigenschaften der Galois-Gruppe nachzuweisen, die es ihm erlauben die Gruppe zu "erkennen". Es ist ein ganz wichtige Übung dies auch selbst zu versuchen.
Z.B. wissen wir jetzt, dass die Gruppe ein Element der Ordnung $4$ enthält, sodass beispielsweise der Fall [mm] $C_{2}\times C_{2}\times C_{2}$ [/mm] ausscheidet.
> (1,2,3,4) kann nicht von einem Automorphismus kommen, da
> [mm]\wurzel[4]{2} \mapsto -\wurzel[4]{2} \mapsto i*\wurzel[4]{2},[/mm]
> ein Widerspruch (warum Widerspruch und was soll das?).
Man sieht sowas vielleicht nicht immer einfach auf den ersten Blick, sondern man muss etwas überlegen: angenomen es gibt einen Automorphismus [mm] $\sigma$ [/mm] mit [mm] $\sqrt[4]{2}\mapsto -\sqrt[4]{2}$, $-\sqrt[4]{2}\mapsto i\sqrt[4]{2}$, $i\sqrt[4]{2}\mapsto -i\sqrt[4]{2}$ [/mm] und [mm] $-i\sqrt[4]{2}\mapsto \sqrt[4]{2}$, [/mm] d.h. [mm] $\sigma$ [/mm] induziert die Permutation $(1,2,3,4)$. Dann wäre einerseits [mm] $\left(\sqrt{2}\right)^{\sigma}= \left(\sqrt[4]{2}\sqrt[4]{2}\right)^{\sigma}= \sqrt[4]{2}^{\sigma}\sqrt[4]{2}^{\sigma}= \left(-\sqrt[4]{2}\right)\left(-\sqrt[4]{2}\right)= \sqrt{2}$. [/mm] Andererseits gilt [mm] $\left(\sqrt{2}\right)^{\sigma}= \left(\left(-\sqrt[4]{2}\right)\left(-\sqrt[4]{2}\right)\right)^{\sigma}= \ldots= \left(i\sqrt[4]{2}\right)\left(i\sqrt[4]{2}\right)= -\sqrt{2}$. [/mm] Ein satter Widerspruch!
> Obige Rechnungen zeigen mit dem Fortsetzungssatz und dem
> Fortsetzungslemma, dass es 8 Automorphismen gibt. Daher ist
> [mm]Aut(L,\IQ) \cong D_{4},[/mm] der Diedergruppe der Ordnung 8
> (warum das denn auf einmal? warum z.B. nicht zu einer [mm]C_{4}[/mm]
> x [mm]C_{2}[/mm] o.ä.?).
Hier muss ich natürlich auch etwas spekulieren, wie genau die Überlegungen Deines Professors waren. Da die Gruppe mehrere Elemente der Ordnung $2$ enthält, ist es keine Quaternionengruppe; $(1,3,2,4)$ kommutiert nicht mit $(3,4)$, also ist die Gruppe nicht abelsch.
>
> Wie kann man denn grundsätzlich nach der Bestimmung des
> Grades der Körpererweiterung herangehen, um die
> Galoisgruppe zu bestimmen? Wir hatten eigentlich nur dieses
> Beispiel und das fand ich doch recht unverständlich.
>
Man muss es selber versuchen! Ich hätte es vielleicht so gemacht:
Seien $R:= [mm] \IQ[\sqrt[4]{2}]$ [/mm] und $C:= [mm] \IQ[i]$ [/mm] Teilkörper von $L$. Sei $G$ die Galois-Gruppe von $f$ über [mm] $\IQ$. [/mm] Offensichtlich ist [mm] $\dim_{\IQ}(R)=4$ [/mm] und [mm] $\dim_{\IQ}(C)=2$. [/mm] Die zugehörigen Zentralisatoren $X:= [mm] C_{G}(R)$ [/mm] und $Y:= [mm] C_{G}(C)$ [/mm] haben somit die Ordnungen $|X|= 2$ und $|Y|= 4$. Es ist [mm] $X\not \leq [/mm] Y$, da $X$ sonst alles festlassen würde. Damit gilt aus Ordnungsgründen $G= XY$, d.h. es bleibt nur der Fall Diedergruppe oder [mm] $C_{2}\times C_{4}$. [/mm]
Nun ist $G$ transitiv auf den Nullstellen, und da [mm] $R\leq \IR$, [/mm] aber [mm] $L\not\leq \IR$ [/mm] gilt, folgt, dass $R$ nicht unter $G$ invariant ist. Folglich ist $X$ kein Normalteiler von $G$, sodass $G$ nicht abelsch ist.
Du siehst, dass meine Argumentation ganz anders ist (ich hoffe, ihr habt den Hauptsatz der Galoistheorie schon kennengelernt, da ich ihn hier ständig benutzt habe). Der nächste macht es wieder anders...
> Danke im Voraus und viele liebe Grüße
> Kai
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(Mitteilung) Reaktion unnötig | Datum: | 20:40 Do 18.08.2016 | Autor: | kai1992 |
Guten Abend
im ersten Teil, wo du mir die einzelnen Schritte erklärst, ist jetzt wirklich alles klar geworden, vielen Dank. Man versucht also, Eigenschaften der Galoisgruppe zu zeigen, um den Isomorphietyp zu finden, alles klar.
Zu deinem zweiten Teil, in dem du eine "alternative" Herangehensweise an die Aufgabe erklärst, das werde ich mir morgen in Ruhe anschauen, bin ziemlich platt. Dann melde ich mich nochmals, ob alles klar ist oder es Fragen gibt.
Vielen Dank nochmals für deine Mühen, lieben Gruß!
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(Mitteilung) Reaktion unnötig | Datum: | 09:57 Sa 20.08.2016 | Autor: | hippias |
Ich habe auch nocheinmal über die Möglichkeit allgemeiner Vorgehensweise nachgedacht. Auch wenn ich dabei bleibe, dass es kein praktikables allgemeines Verfahren gibt, so scheinen mir doch folgende 2 Überlegungen öfter benutzt zu werden:
1. Konstruktion von Automorphismen, die zwei Körperelemente mit gleichem Minimalpolynom aufeinander abbilden (existiert wegen des Fortsetzungssatzes)
2. Meist werden Teilkörper von [mm] $\IC$ [/mm] betrachtet, auf dem es den Konjugationsautomorphismus gibt. Ferner werden bei Zerfällungskörpern meist Polynome über [mm] $\IR$ [/mm] betrachten, sodass die Körper stets invariant unter Konjugation sind, welcher dann meist einen weiteren nicht trivialen Automorphismus liefert.
Mit Hilfe dergestalt konstruierter Automorphismen versucht man oft die Gruppe zu klassifizieren.
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