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Forum "Uni-Komplexe Analysis" - Hebbare Singularität
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Hebbare Singularität: Anschauung
Status: (Frage) beantwortet Status 
Datum: 16:07 Fr 22.08.2008
Autor: Pacapear

Hallo zusammen!



Irgendwie weiß ich nicht genau, was es mir sagt, wenn eine isolierte Singularität hebbar ist, bzw. wie ich es mir graphisch vorstellen kann.

Bei einem Pol ist es einfach, man kann den graphischen Verlauf ja bereits aus der Definition ablesen. Ist eine Singularität ein Pol, so driftet der Graph der Funktion an der Polstelle ins Unendliche.

Aber wie sieht das bei einer hebbaren Singularität aus? Die Definition sagt, dass die Funktion auf einer punktierten Umgebung um die Singularität beschränkt sein muss.

D.h. anders ausgedrückt könnte ich anhand dessen nun auch den Riemannschen Hebbarkeitssatz anwenden und sagen, dass eine Singularität hebbar ist, wenn ich die Funktion in der Singularität holomorph fortsetzen kann.



Aber ich kann mir graphisch darunter nix vorstellen.

Fangen wir mal bei der Beschränktheit der Funktion an. Ich kenne folgende Definition:

Die Funktion f heißt beschränkt, wenn ihr Bild f(x) eine in [mm] \IR [/mm] beschränkte Menge ist, wenn es also ein [mm]\ M > 0[/mm] gibt [mm]f(x)\le M[/mm]

Aber diese Definition gilt ja nur für Funktionen, die in die reellen Zahlen abbilden. Wie aber sieht es jetzt mit den Funktionen aus, die ins Komplexe abbilden? Wie sieht da denn eine beschränkte Funktion aus? Wir haben so etwas nicht definiert.



Ich hab auch schon im Internet nach Funktionsgraphen mit hebbaren Singularitäten gesucht, kann aber nix finden.

Könnte mir vielleicht jemand mal ein Beispiel einer Funktionsvorschrift geben, bei der hebbare Singularitäten auftreten?



LG, Nadine



P.S.: Diese Singularitäten, gibt die auch in der reellen Analysis? Wir haben sie da bisher nie besprochen. Oder ist das ein rein komplexes Konzept?

        
Bezug
Hebbare Singularität: Antwort
Status: (Antwort) fertig Status 
Datum: 16:42 Fr 22.08.2008
Autor: andreas

hi

> Irgendwie weiß ich nicht genau, was es mir sagt, wenn eine
> isolierte Singularität hebbar ist, bzw. wie ich es mir
> graphisch vorstellen kann.

da holomorphie stetigkeit impliziert, müssen solche funktionen insbesondere stetig fortsetzbar sein. also kannst du dir solch eine funktion um die hebbare singularität [mm] $z_0$ [/mm] herrum einfach als eine in einer umgebung hinreichend glatte funktion mit einem loch vorstellen (das ist ganz analog zum reellen fall einer definitionslücke wobei du diese funktion beliebig oft differenzierbar fortsetzen kannst). daher kann man sich auf ganz einfach beispiele basteln:

betrachte etwa die funktion $f: [mm] \mathbb{C} \setminus \{0\} \longrightarrow \mathbb{C}; [/mm] z [mm] \longmapsto \frac{1}{z}$, [/mm] diese funktion hat offenbar eine singularität bei [mm] $z_0 [/mm] = 0$, diese ist aber keine hebbare. die funktion $g: [mm] \mathbb{C} \setminus \{0\} \longrightarrow \mathbb{C}; [/mm] z [mm] \longmapsto [/mm] z [mm] \cdot [/mm] f(z)$ ist auf ihrem definitionsbereich überall konstant $1$ und man kann leicht eine holomorphe fortsetzung [mm] $\hat{g}: \mathbb{C} \longrightarrow \mathbb{C}; [/mm] z [mm] \longmapsto [/mm] 1$ definieren, $g$ hat also bei [mm] $z_0 [/mm] = 0$ eine hebbare singularität.

vielleicht benatwortet dieses beispiel schon deine restlichen fragen zu hebbaren singularitäten?

> Fangen wir mal bei der Beschränktheit der Funktion an. Ich
> kenne folgende Definition:
>  
> Die Funktion f heißt beschränkt, wenn ihr Bild f(x) eine in
> [mm]\IR[/mm] beschränkte Menge ist, wenn es also ein [mm]\ M > 0[/mm] gibt
> [mm]f(x)\le M[/mm]

ich vermute du meinst hier " ... $|f(x)| [mm] \leq [/mm] M$"? dann kannst du diese definitionn aber auch sofort für komplexwertige funktionen verwenden, denn der betrag einer komplexen zahl ist ja eine reelle zahl und dort ist dieser vergleich zwischen $|f(x)|$ und $M$ definiert.


> P.S.: Diese Singularitäten, gibt die auch in der reellen
> Analysis? Wir haben sie da bisher nie besprochen. Oder ist
> das ein rein komplexes Konzept?

vergleiche meine obigen beispiele: wenn du als argumente nur reelle zahlen zulässt, so erhälst du entsprechend beispiele von reellen funktionen mit nicht hebbarer singularität und mit hebbarer singularität.

grüße
andreas

Bezug
                
Bezug
Hebbare Singularität: Rückfrage
Status: (Frage) beantwortet Status 
Datum: 16:58 Fr 22.08.2008
Autor: Pacapear

Hallo Andreas!



> betrachte etwa die funktion [mm]f: \mathbb{C} \setminus \{0\} \longrightarrow \mathbb{C}; z \longmapsto \frac{1}{z}[/mm],
> diese funktion hat offenbar eine singularität bei [mm]z_0 = 0[/mm],
> diese ist aber keine hebbare.

Ja, genau, dass ist ein Pol, weil die Funktion an dieser Stelle von beiden Seiten ins Unendliche strebt.



> die funktion [mm]g: \mathbb{C} \setminus \{0\} \longrightarrow \mathbb{C}; z \longmapsto z \cdot f(z)[/mm]
> ist auf ihrem definitionsbereich überall konstant [mm]1[/mm] und man
> kann leicht eine holomorphe fortsetzung [mm]\hat{g}: \mathbb{C} \longrightarrow \mathbb{C}; z \longmapsto 1[/mm]
> definieren, [mm]g[/mm] hat also bei [mm]z_0 = 0[/mm] eine hebbare
> singularität.

Aber solche Funktionen hat man doch im Grunde nie gegeben, oder? Meistens erhält man doch immer schon die zuende vereinfachte Form, und dann könnte ich die hebbare Singularität doch gar nicht mehr ablesen.

Ich hab mir das grade mal versucht, zeichen zu lassen (mit Maple), aber egal, wie ich es eingebe, es wird immer direkt gekürzt und ich erhalte als Plot nur eine Gerade durch die 1. Kann ich es mir irgendwie aufmalen, so dass ich die Lücke sehen kann?



LG, Nadine

Bezug
                        
Bezug
Hebbare Singularität: Antwort
Status: (Antwort) fertig Status 
Datum: 18:31 Fr 22.08.2008
Autor: Arralune

Eine hebbare Singularität kannst du ja immer so fortsetzen, das eine holomorphe Funktion entsteht. Stell dir also einfach eine holomorphe Funktion vor, in deren Definitionsgebiet ein Punkt fehlt.
Maple wird natürlich immer wenn es die Chance sieht diese Fortsetzung direkt machen, aber das ändert ja nichts am Funktionsgraphen, ein Punkt ist ja sowieso so klein, das man ihn nicht sehen kann :). Grundsätzlich würde ich eher davon abraten, komplexe Funktionen zu sehr mit einem Graphen zu verknüpfen, der Graph einer komplexen Funktion ist ja eigentlich vierdimensional, was du plottest ist also immer nur ein kleiner Ausschnitt, insbesondere bei manchen Sätze über Umkehrbarkeit und ähnliches verwirrt einen ein dreidimensionaler Graph mehr, als das er für Klarheit sorgen würde.
Auch im Reellen gibt es Singularitäten, nur lassen die sich nicht so gut in drei Klassen einteilen, weil z.B. die Eigenschaft fehlt das sich jede Funktion um eine Singularität herum in eine Laurentreihe entwickeln lässt. Den Fall der hebbaren Singularität gibt es im reellen auch, der zugehörige Graph wäre eine stetige Funktion, bei der ein Punkt fehlt (die aber stetig bleibt, wenn dieser Punkt hinzugefügt wird, die Funktion springt an der Definitionslücke also nicht).

Wie mächtig der Riemansche Hebbarkeitssatz ist siehst du daran, wenn du das ganze mit reellen Funktionen mit Sprungstelle probierst. So eine Funktion kann ja durchaus differenzierbar sein (Die Sprungstelle selber darf nicht zum Definitionsgebiet gehören) und ist beschränkt. Stetig fortsetzbar ist das ganze aber natürlich nicht.

Bezug
        
Bezug
Hebbare Singularität: Antwort
Status: (Antwort) fertig Status 
Datum: 18:30 Fr 22.08.2008
Autor: Al-Chwarizmi

Hallo Nadine,

das ist keineswegs ein rein komplexes Konzept.
Nehmen wir als erstes eine Funktion  [mm] f:\IR^2\to \IR, [/mm]
also  
                  z=f(x,y)

Ist eine solche Funktion auf einem zusammenhängenden
Gebiet  G [mm] \subseteq \IR^2 [/mm]  definiert und stetig, so ist der
zugehörige Graph eine zusammenhängende Fläche. So,
nun nimmst du eine Nadel und piekst ein feines Loch in
diese Fläche. Und voilà, du hast das Bild einer Funktion
mit einer hebbaren Singularität !
Rings um das punktartige Loch ist alles wie vorher, nur
der einzelne Punkt [mm] P_0(x_0/y_0/f(x_0,y_0)) [/mm] fehlt, da
[mm] f(x_0,y_0) [/mm] nicht mehr definiert ist.

Bei einer Funktion  [mm] f:\IR\to \IR [/mm]  ist es analog:  Man hat
als Graph eine Linie, welche auch an der Stelle  [mm] x_0 [/mm]  stetig
wäre, wenn da nur noch ein Punkt [mm] P_0(x_0/y_0) [/mm] in die
Lücke zwischen zwei stetigen Teilstücken eingefügt würde.
Bei einem Pol oder bei einer Sprungstelle wäre dies nicht
möglich.

Einfaches Beispiel:  Die Funktion  [mm] f:x\mapsto \bruch{sin(x)}{x} [/mm]
hat an der Stelle  [mm] x_0=0 [/mm]  eine Singularität, ganz einfach, weil
die Division durch  0  nicht definiert ist.
Setzt man aber

     [mm] \overline{f}(x)=\begin{cases} \bruch{sin(x)}{x}, & \mbox{für } x \not= 0 \\ 1, & \mbox{für } x=0 \end{cases} [/mm]

so ist diese neue Funktion  [mm] \overline{f} [/mm] auch an der Stelle  0
definiert und stetig - und für alle  x [mm] \in \IR \backslash \{0\} [/mm]
stimmt sie mit  f  überein. Die Singularität von  f  ist also
durch die zusätzliche Festlegung des passenden Funktions-
wertes an der Stelle  [mm] x_0=0 [/mm]  "behoben" bzw. "geflickt".

LG


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