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Lieber Raum
Vielleicht kann mir mal jemand helfen. Im Moment höre ich gerade Wahrscheinlichkeitstheorie und komme mit einer Augenscheinlich simplen Aufgabe nicht zurecht. Vielleicht kann mir ja hier jemand helfen, wie ich die Aufgabe bewerkstelligen kann, oder wo ich einfach daneben liege. Ich bin nicht weit gekommen, aber ich stelle einfach mal die Frage vor.
Folgendes Modell ist gegeben.
Es befinden sich in einer Urne zwei Kugeln, eine weiss, die andere schwarz. Wird nun eine Kugel gezogen, so werden zwei dieser Farbe wieder in die Urne zurückgelegt. Sei [mm] X_n [/mm] die Anzahl der weissen Kugeln.
[mm] X_0 [/mm] ist also 1
[mm] X_1 \in [/mm] {1,2}
[mm] X_2 \in [/mm] {1,2,3}
...
[mm] X_n \in {1,\ldots , n}
[/mm]
Es ist dann zu zeigen, dass
[mm] M_n=X_n [/mm] / n-2
ein Martingal ist.
Nun weiss ich dazu, dass mit zugehöriger Filtration gelten muss
[mm] E(X_t|F_s)=X_s [/mm] für [mm] t\geq [/mm] s.
Nur kann ich doch eine Bedingte erwartung nie Konkret ausrechnen. Der Erwartungswert selbst ist ja ein schönes Integral aber bedingte Erwartung ist doch eine Zufällige geschichte.
Wie zeigt man sowas?
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(Mitteilung) Reaktion unnötig | Datum: | 16:20 Mo 07.06.2004 | Autor: | Julius |
Hallo!
> Es ist dann zu zeigen, dass
> [mm] M_n=X_n [/mm] / n-2
> ein Martingal ist.
Wie ist das zu lesen?
So:
[mm] $M_n [/mm] = [mm] \frac{X_n}{n-2}$ [/mm] ?
Kannst du das bitte überprügen?
Bei mir ist das nämlich kein Martingal, dafür aber:
[mm] $M_n [/mm] = [mm] \frac{X_n}{n+1}$.
[/mm]
Seltsam...
Ich rechne es dann noch einmal nach, würde aber vorher gerne wissen, wie die Aufgabenstellung genau lautet.
Liebe Grüße
Julius
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(Mitteilung) Reaktion unnötig | Datum: | 12:08 Di 08.06.2004 | Autor: | Ancillius |
Ja, war ein Tippfehler, das - muss durch ein + ersetzt werden. Es soll ja die Proportion der weissen Kugeln in der Urne wiedergeben.
Also
[mm] M_n=\frac{X_n}{n+2}
[/mm]
Aber es wuerde mich sehr interessieren, wie man zeigt, dass es eben ein Mertingal ist oder auch nicht (also das Beispiel mit dem - ist keins, wie du gesagt hast... warum nicht?)
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(Antwort) fertig | Datum: | 13:51 Di 08.06.2004 | Autor: | Julius |
Hallo!
Also, ich komme jetzt auch auf $n+2$, sorry, ich hatte mich verzählt.
Hier meine Lösung:
Ist [mm] $Z_n$ [/mm] die $n$-te Ziehung und gilt: [mm] $Z_n \in \{w,s\}$ [/mm] ("w"="weiß", "s"="schwarz"), dann gilt:
[mm]E[X_n\, \vert\, {\cal F}_{n-1}][/mm]
[mm]E[X_{n-1} + 1_{\{Z_n=w\}}\, \vert\, {\cal F}_{n-1}][/mm]
(denn genau dann, wenn [mm] $Z_n=w$ [/mm] gilt, wenn also eine weiße Kugel gezogen wird, erhöht sich die Anzahl der weißen Kugeln um eins)
[mm]=X_{n-1} + E[1_{\{Z_n=w\}}\, \vert\, {\cal F}_{n-1}][/mm]
(da [mm] $X_{n-1}$ ${\cal F}_{n-1}$-messbar [/mm] ist)
[mm]= X_{n-1} + P(Z_n=w\, \vert\, {\cal F}_{n-1})[/mm]
[mm]= X_{n-1} + \frac{X_{n-1}}{n+1}[/mm]
(denn: Sind im $n-1$ten Versuch [mm] $X_{n-1}$ [/mm] Kugeln von $n+1$ Kugeln weiß, dann ist die Wahrscheinlichkeit, eine weiße Kugel zu ziehen, gerade [mm] $\frac{X_{n-1}}{n+1}$)
[/mm]
[mm] = \frac{n+2}{n+1}\cdot X_{n-1}[/mm].
Daraus folgt, wenn man durch $n+2$ teilt:
[mm]E[\frac{X_n}{n+2}\, \vert\, {\cal F}_{n-1}] = \frac{X_{n-1}}{n+1}[/mm],
also die Behauptung.
Liebe Grüße
Julius
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Ersteinmal einen herzlichen Dank fuer die sehr schoene Erklaerung. Eine Frage allgemeiner natur haette ich da aber noch.
Der Trick mit der Indikatorfunktion im Erwartungswert (um die "zu hohe" (bzgl. dem Index n) ZV in den Griff zu bekommen) scheint mir relativ oft anwendbar zu sein. Koennte man dann sagen, dass dieser Trick ein "Standardverfahren" ist?
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(Antwort) fertig | Datum: | 17:06 Mi 09.06.2004 | Autor: | Julius |
Hallo,
es freut mich, dass dir meine Erklärung geholfen hat.
Ja, Standardverfahren, ich weiß nicht... Was ein Standardverfahren ist, ist die Tatsache, dass man das [mm] $X_{n+1}$ [/mm] irgendwie in Abhängigkeit von [mm] $X_n$ [/mm] schreiben muss, damit man die [mm] ${\cal F}_n$-Messbarkeit [/mm] von [mm] $X_n$ [/mm] ausnutzen kann.
Manchmal, wenn die Inkremente [mm] $X_{n+1}-X_n$ [/mm] unabhängig von [mm] ${\cal F}_n$ [/mm] sind (wie bei einem Random Walk oder, im stetigen Fall, bei der Brownschen BEwegung), schreibt man auch, etwas künstlich wirkend:
[mm] $X_{n+1} [/mm] = [mm] X_n [/mm] + [mm] (X_{n+1}- X_n)$.
[/mm]
Dann hat man:
[mm] $E[X_{n+1} \, |\, {\cal F}_n] [/mm] = [mm] E[X_n [/mm] + [mm] (X_{n+1}- X_n)\, |\, {\cal F}_n] [/mm] = [mm] \underbrace{E[X_n \, |\, {\cal F}_n]}_{=\, X_n} [/mm] + [mm] \underbrace{E[X_{n+1}-X_n \, |\, {\cal F}_n]}_{=\, 0} [/mm] = [mm] X_n$.
[/mm]
Das ist nun wirklich ein Standardtrick.
Und im vorliegenden Fall ist halt [mm] $X_{n+1}-X_n$ [/mm] die Indikatorfunktion. Das Gute daran ist, dass man die bedingte Erwartung davon auch leicht ausrechnen kann, auch wenn sie - wie in dem von mir gerade vorgeführten Standardtrick - nicht gleich $0$ ist.
Liebe Grüße
Julius
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[mm] \underbrace{\underbrace{E[X_n \, |\, {\cal F}_n]}_{=\, X_n}}_{Das ist klar} [/mm] + [mm] \underbrace{\underbrace{E[X_{n+1}-X_n \, |\, {\cal F}_n]}_{=\, 0}}_{Das ist mir nicht klar} [/mm] = [mm] X_n$.
[/mm]
Denn ich habe folgendes Problem. Erwartungswert 0 in der bed. Erwartung ist doch eine Eigenschaft eines Martingals und meiner Definition eines Random Walks nach ist es nicht ersichtlich das dieser ein Martingal stellt.
Fuer die Brownsche Bewegung gilt das natuerlich.
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(Antwort) fertig | Datum: | 18:36 Mi 09.06.2004 | Autor: | Julius |
Hallo!
Doch, ein (symmetrischer) Random Walk ist ein Martingal.
Es handelt sich ja um die Folge [mm] $(S_n)_{n \in \IN}$ [/mm] von Zufallvariablen
[mm] $S_n [/mm] = [mm] \sum\limits_{i=1}^n X_i$,
[/mm]
wobei die [mm] $X_i$ [/mm] unabhängig symmetrisch Bernoulli-verteilt sind (also [mm] $P(X_i=-1) [/mm] = [mm] \frac{1}{2}$ [/mm] und [mm] $P(X_i=1) [/mm] = [mm] \frac{1}{2}$).
[/mm]
Daraus folgt:
[mm] $E[S_{n+1} \, \vert\, {\cal F}_n] [/mm] = [mm] S_n [/mm] + [mm] E[X_{n+1}\, \vert\, {\cal F}_n] [/mm] = [mm] S_n [/mm] + [mm] \underbrace{E[X_{n+1}]}_{=\, 0} [/mm] = [mm] S_n$.
[/mm]
Es wäre auch seltsam, wenn das nicht so wäre, denn die Brownsche Bewegung ist ja einfach (in gewissem Sinne) ein verstetigter Random Walk (Donkersches Invarianzprinzip).
Liebe Grüße
Julius
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